Unfallgeschädigter muss Mietwagenangebote des Haftpflichtversicherers beachten
In einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26.04.2016, Az: VI ZR 563/15, wurde die Revision eines Verkehrsunfallgeschädigten zurückgewiesen, welcher beantragt hatte, die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zur Zahlung noch offener Mietwagenkosten zu verurteilen. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen bzw. die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen (AG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2015, Az: 21 C 6266/14 und LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 26.08.2015, Az: 8 S 2232/15).
Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Mietwagentarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte. In diesem Zusammenhang kann auch das Angebot des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten, ihm eine günstige Anmietmöglichkeit zu vermitteln, beachtlich sein, so der BGH.
Der Versicherer hatte dem Geschädigten telefonisch vor Anmietung eines Mietwagens konkret angeboten, ihm einen Mietwagen zu einem günstigen Tagespreis (38 EUR) inklusive aller Nebenkosten zu vermitteln. Auf dieses Angebot ist der Geschädigte allerdings nicht eingegangen. Er mietete vielmehr bei einem Mietwagenunternehmen seiner Wahl ein Fahrzeug für etwa 100 EUR pro Tag an. Der Versicherer zahlte lediglich die angebotenen 38 EUR pro Tag und lehnte weitere Zahlungen ab.
In dem daraufhin geführten Gerichtsverfahren verteidigte sich der Geschädigte damit, dass die von ihm aufgewendeten Mietwagenkosten anhand der Schätzgrundlage Mietpreisspiegel als erforderlich anzusehen seien. Der Geschädigte blieb mit seiner Klage in allen Instanzen erfolglos.
Die Gerichte stellten fest, dass der Geschädigte gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen hat, indem er das konkret vom Versicherer mitgeteilte Mietwagenangebot nicht angenommen hat. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass dem Geschädigten ohne weiteres eine günstigere Anmietmöglichkeit zugänglich gewesen wäre. Es stellt einen groben Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht dar, wenn der Geschädigte grundlos eine Möglichkeit ausschlägt, ein günstigeres Angebot wahrzunehmen. Daher braucht auch nicht auf irgendwelche Schätzgrundlagen zurückgegriffen zu werden, da ein konkret niedrigeres Angebot (38 EUR pro Tag) in dem Fall bereits nachgewiesen bekannt ist.
Kontext der Entscheidung und Auswirkungen auf die Praxis:
Die Versicherer betreiben ein aktives Schadenmanagement. Sie versuchen, nach einem Unfall so schnell wie möglich Kontakt zum Geschädigten aufzunehmen und diesen durch den Schaden zu steuern. So werden den Geschädigten oft eine bestimmte Kooperationswerkstatt der Versicherer und der Verzicht auf einen Gutachter empfohlen, und immer häufiger wird auch bereits am Telefon ein konkreter Mietwagenpreis genannt. Ein solcher telefonisch genannter Preis kann ab sofort beachtlich sein, und zwar dann, wenn es sich (vom Versicherer) nachweisbar um Preise handelt, zu denen der Geschädigte wirklich ein Fahrzeug hätte anmieten können. Der Geschädigte ist weder direkt nach einem Unfall noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt verpflichtet, mit dem Schädiger oder dessen Versicherer zu sprechen. Macht er es aber schon, sollte er sich solche Mietwagenangebote besser notieren, um nicht Gefahr zu laufen, auf einem Großteil der Mietwagenkosten sitzen zu bleiben.
|